- Stefanie \(»Steffi«\) Graf
- Stefanie (»Steffi«) GrafKaum eine andere Sportlerin kann auf eine ähnliche Karriere zurückblicken wie S. Graf. Schon als Kind mit dem Tennissport verbunden, erhielt sie frühzeitig einen Profivertrag und konzentrierte sich ab 1983 ganz auf ihre Tenniskarriere. Bis zu ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Sport 1999 hat sie ähnlich wie Boris Becker dem Tennissport in Deutschland einen neuen Stellenwert verliehen und ihm zu Weltgeltung verholfen.Schon als Kind eine TennisspielerinStefanie Maria (»Steffi«) Graf kam am 14. 6. 1969 in Brühl bei Heidelberg als Tochter des Gebrauchtwagenhändlers Peter Graf und seiner Frau Heidi zur Welt. Schon als Dreijährige soll sie mit einem Holzschläger Tennisbälle geschlagen haben. Im Alter von sechs Jahren gewann sie in München ein Kinderturnier, nach einem Turniersieg 1977 in München richtete ihr Vater ein Tenniszentrum ein, gab seine Arbeit als Autohändler auf und konzentrierte sich von nun an ausschließlich auf die Karriere seiner Tochter. Entdeckt wurde S. Graf von Boris Breskvar, der sie als »Jahrhunderttalent« bezeichnete. 1981 gewann S. Graf bereits das wichtigste Nachwuchsturnier, die »Orange Bowl« in Miami Beach, Florida, und wurde im gleichen Jahr in ihrer Altersklasse Europa- und Weltmeisterin. 1982 erschien sie erstmals in der Weltrangliste der Tennisprofis (214) und war damit die zweitjüngste Spielerin, die dies jemals erreicht hatte.Der erste Profivertrag1982 bekam sie ihren ersten Profivertrag und rangierte Ende 1983 bereits auf Platz 98 der Weltrangliste. Im selben Jahr beendete sie die Realschule nach der neunten Klasse und widmete sich fortan ausschließlich dem Tennis. Im Herbst 1984 erreichte sie zum ersten Mal das Finale eines Grand-Prix-Turniers (in Filderstadt), nachdem sie im gleichen Jahr beim Turnier in Wimbledon bis ins Achtelfinale gekommen war, was in ihrem Alter noch keine Spielerin geschafft hatte. Bei den Olympischen Spielen in Los Angeles gewann sie 1984 das (inoffizielle) Tennisturnier (Tennis war Demonstrationswettbewerb). 1985 stieß sie ohne einen Grand-Prix-Sieg auf Platz 3 der Weltrangliste vor. Ihre Betreuer waren zu dieser Zeit der damalige Frauenbundestrainer Klaus Hofsäss und ab Spätherbst 1986 der ehemalige tschechische Weltklassespieler Pavel Slozil.Der erste Grand-Prix-Turnier-SiegDas Jahr 1986 brachte S. Graf den ersten Grand-Prix-Turnier-Sieg. Sie gewann das Turnier von Hilton Head in South Carolina und schlug dabei die Weltranglistenzweite Chris Evert. Im gleichen Jahr gelang ihr im Finale der Deutschen Meisterschaften in Berlin auch der erste Sieg über Martina Navratilova, der Nummer eins der Weltrangliste. 1986 wurde die Brühlerin erstmals zur Sportlerin des Jahres gewählt.Nummer eins der WeltranglisteZu Beginn des Jahres 1987 rangierte S. Graf bereits auf dem zweiten Platz der Weltrangliste. Im Juni gewann sie mit dem Sieg über M. Navratilova bei den French Open in Paris das erste Grand-Slam-Turnier. S. Graf blieb im weiteren Verlauf 45 Spiele hintereinander ungeschlagen und verlor erst wieder im Finale von Wimbledon gegen Navratilova. Der 16. August brachte ihr einen weiteren Triumph: Zum ersten Mal war die Deutsche, nach ihrem Turniersieg in Manhattan Beach, die Nummer eins der Weltrangliste.Der Gewinn des GrandslamDas Jahr 1988 brachte dann eine kaum wiederholbare Steigerung: »Miss Vorhand« gewann erstmals das Turnier von Wimbledon - im Einzel und im Doppel (mit Gabriela Sabatini) - und war auch bei den anderen drei Grand-Slam-Turnieren (in Melbourne, Paris und Flushing Meadow) siegreich, womit sie den »Grandslam« erreichte. Das hatten vor ihr nur Maureen Conolly-Baker (USA, 1953) und Margaret Court-Smith (Australien, 1970) geschafft. Aber die Grand-Slam-Siegerin konnte diesen Erfolg noch ausbauen und wurde nach ihrem Olympiasieg 1988 von der Presse als »Goldenslam«-Gewinnerin bezeichnet. Der Erfolg blieb S. Graf auch 1989 treu. Sie gewann 84 Matches (41 davon in Folge), verlor nur zwei Mal, erzielte 14 Turniersiege und wurde schließlich zur »Weltsportlerin des Jahres« gewählt. In der Bundesrepublik Deutschland wurde sie zum vierten Mal in Folge als Sportlerin des Jahres ausgezeichnet.Die KriseEine Krise im privaten Umfeld (Vaterschaftsklage und Erpressung ihres Vaters) sowie gesundheitliche Probleme wirkten sich offensichtlich auf die sportlichen Leistungen der Spitzensportlerin im Jahr 1990 aus. S. Graf offenbarte -vor allem nervliche - Schwächen, die man von ihr vorher nicht gekannt hatte. Sie verlor immer wieder entscheidende Punkte, obwohl sie bisher gerade für ihre Stärke in wichtigen Spielsituationen bekannt gewesen war. Auch 1991 konnte sie ihre Erfolgsserie nicht ungebrochen fortsetzen. So musste sie am 11. 3. 1991 den ersten Platz in der Weltrangliste an Monica Seleš abtreten.1991 gewann sie im Finale von San Antonio gegen Seleš, siegte (zum dritten Mal) in Wimbledon und war noch bei sechs weiteren Turnieren erfolgreich. 1992 schaffte sie dann ihren vierten Wimbledonsieg, verlor aber sensationell im olympischen Endspiel in Barcelona gegen die Amerikanerin Jennifer Capriati. S. Graf blieb Weltranglistenzweite und kehrte erst durch ein Ereignis an die Spitze zurück, das sie selbst zutiefst schockierte: Im April 1993 war am Hamburger Rothenbaum ein Messerattentat auf Seleš verübt worden, was zur Folge hatte, dass Graf ab Juni wieder die Nummer eins in der Welt war, während die spielunfähige Seleš als »Co-Nummer 1« geführt wurde. 1993 gewann S. Graf zehn Turniere, darunter zum dritten Mal in Paris und zum fünften Mal in Wimbledon, in einem der wohl spannendsten Endspiele, bei dem sie im entscheidenden dritten Satz gegen die Tschechin Jana Novotna bereits 1 : 4 zurückgelegen hatte, um dann doch noch zu gewinnen. Betreut wurde Steffi Graf zu dieser Zeit vom Schweizer Heinz Günthardt, der Anfang 1992 P. Slozil abgelöst hatte und bis zum Ende ihrer aktiven Laufbahn im Jahr 1999 ihr Trainer blieb. Nach weiteren Siegen bei den US-Open im Herbst 1993 und bei den Australian Open Anfang 1994 ging es steil bergab. Sie verlor in Wimbledon bereits in der ersten Runde und erlitt weitere unerwartete Niederlagen. Graf zog sich daraufhin für einige Zeit vom aktiven Sport zurück und gewann dann wieder im Sommer 1994 bei einem Einladungsturnier in den USA.Trennung von Peter GrafIm Gefolge einer Anklage und Verurteilung ihres Vaters wegen Steuerhinterziehung nahm sie das geschäftliche Management selbst in die Hand und gründete im Jahr 1996 die »Steffi Graf Sport GmbH« (SGS), um sich selbst zu vermarkten und um selbst Sportveranstaltungen zu organisieren. Dabei kam sie mit dem Deutschen Tennis Bund (DTB) ins Geschäft, mit dem sie vereinbarte, ohne Prämien und Antrittsgelder für die deutsche Fedcup-Mannschaft zu starten und zusätzlich bei allen Grand-Prix-Turnieren in Deutschland. Dafür erhielt sie die Werberechte bei allen Fedcup-Heimspielen. Mit der Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen Steuerhinterziehung durch die Staatsanwaltschaft Mannheim im März 1997 war dann auch die leidige Steueraffäre beendet. Im April 1997 wurde sie zudem von der »Women's Tennis Association« (WTA) von dem Vorwurf freigesprochen, unerlaubte Startgelder bekommen zu haben. Mit der geschäftlichen Lösung von ihrem Vater, der von vielen als dominierender »Übervater« gesehen wurde, war wohl auch eine persönliche Emanzipation aus einer inneren Abhängigkeit verbunden.Der Sport als VentilIm Sport fand S. Graf in dieser harten Zeit nach eigener Aussage immer wieder ein »Ventil« für ihre Belastung durch diese Vorgänge. 1995 siegte sie in Paris und in Wimbledon, war zweiunddreißig Mal hintereinander siegreich und verlor erst wegen gesundheitlicher Probleme in Toronto. Dies war einmal mehr ein Beweis, wie unbeirrt S. Graf mit sich selbst auf dem Weg zum Erfolg umgehen konnte. Auch 1996 hatte sie massive Beschwerden im Rücken und im Knie, gewann aber trotzdem sieben Turniere. Durch ihren Sieg in Paris kam sie auf der ewigen Bestenliste der Grand-Slam-Turnier-Siegerinnen auf den zweiten Platz. Im Herbst 1996 gewann sie die US Open und den Masters Cup in New York. Da ihre Kniebeschwerden anhielten, sagte sie 1997 ihre Teilnahme am Fedcup ab, zu dessen Ausrichtern sie mit ihrem Unternehmen gehörte, und wurde dann am 30. 3. 1997 von Martina Hingis vom ersten Platz der Weltrangliste verdrängt. Noch trug sich S. Graf aber nicht mit Rücktrittsgedanken, sondern arbeitete hart an ihrem Comeback. Im Mai 1997 nahm sie in Berlin erstmals wieder an einem Turnier teil und gewann im Juli 1998 in New Jersey nach 14 Monaten Unterbrechung erneut ein Turnier. Im August war sie in New Haven, im November in Leipzig erfolgreich.Ein glanzvoller AbgangWas kaum noch jemand für möglich gehalten hatte, trat dann im Juni 1999 ein: S. Graf gewann noch einmal ein Grand-Slam-Turnier, nachdem sie in Paris im Finale mit einer unglaublichen kämpferischen Leistung Martina Hingis niedergekämpft hatte. In Wimbledon erreichte sie zwar das Finale, verlor aber gegen Lindsay Davenport in zwei Sätzen. Im Mixed spielte S. Graf mit André Agassi, mit dem sie seit Sommer 1999 befreundet war. 1999 wurde sie mit dem Olympischen Orden ausgezeichnet und nochmals Sportlerin des Jahres in Deutschland. Damit ging eine einzigartige Sportkarriere zu Ende, die zu 22 Grand-Slam- und 107 Grand-Prix-Siegen führte. Neben ihrer Tätigkeit in der eigenen Sportvermarktungsfirma gründete sie im Dezember 1998 eine Stiftung »Children for Tomorrow«. - Am 26. Oktober 2001 brachte S. Graf in Las Vegas einen Jungen (Jaden Gil) zur Welt, nachdem sie vier Tage zuvor A. Agassi geheiratet hatte.
Universal-Lexikon. 2012.